Michael Lorkowski auf seinem Segelschiff „Blaubart“.
Das Fußballfachmagazin 11 Freunde bezeichnete den Fußballlehrer Michael Lorkowski (geb. 26. Februar 1955 in Hamburg) als „Surfpionier, Karibikaussteiger und Eisverkäufer“. Am Hamburger Millerntor war „Lebemann“ Lorkowski Aufstiegstrainer und Volksheld und im Kieler Storchennest Ende der 80er Jahre Reizfigur und Hoffnungsträger zugleich. „Lorko“, wie ihn alle nur nennen, war immer etwas anders als seine Trainerkollegen. Seine Siegesfeiern waren legendär, seine Ansprachen außergewöhnlich und seine Nähe zu den Fans mitunter brüderlich. „Wer feiern kann, der kann auch Fußball spielen“, war sein Leitspruch. Was für „Lorko“ zählte, war einzig und allein die Leistung seiner Spieler auf dem grünen Rasen. Zweimal führte er St. Pauli in die 2. Bundesliga, mit Holstein schlitterte er nur knapp an der Zweitliga-Aufstiegsrunde vorbei und nur ihm gelang es, mit einem Zweitligisten den DFB-Pokal zu gewinnen – und zwar 1992 mit Hannover 96.
Bayern wollte Lorkowski
Bei unseren Störchen steht „Lorko“ noch immer unter den Top 5 der ewigen Trainerliste. Nur wenige durften länger auf der KSV-Bank sitzen als der in den rauen Arbeitervierteln Hamburgs aufgewachsene Herzblut-Fußballer, der nach einem abgeschlossenen Studium an der Sport-Fachhochschule Köln und den Torwartstationen Phönix Lübeck, Barmbek-Uhlenhorst, Fortuna Köln und FC St. Pauli im Februar 1982 überraschend vom Jugendtrainer und dritten Torwart der Liga-Mannschaft zum Cheftrainer auf St. Pauli befördert wurde. In der Saison 1982/83 wurde St. Pauli unter Trainer Lorkowski Meister in der damals drittklassigen Amateuroberliga Nord, ein Jahr später führte er den FC in die 2. Bundesliga. Es folgte der Abstieg und 1986 der direkte Wiederaufstieg. Damals wollte der FC Bayern München „Lorko“ als Assistenztrainer verpflichten. Auch Eintracht Braunschweig war an ihm dran. Doch der damals erst 31-Jährige landete ganz woanders, nämlich bei Holstein Kiel. Die Störche versuchten seit 1981 alles, um in die Zweitklassigkeit zurückzukehren. Und Michael Lorkowski schien den Verantwortlichen in Kiel dafür genau der richtige Mann zu sein.
„Lorko“ und die Fans
Viele Monate war Holstein unter „Lorko“ ungeschlagen, stand in der Saison 1986/87 lange an der Tabellenspitze, doch Meister wurde am Ende Braunschweig. Unter Lorkowski konnte Holstein wieder das Kieler Publikum begeistern. Knapp 5.000 Fans gegen Oldenburg und Göttingen und sogar 9.000 gegen Braunschweig, davon hatte man seit dem Zweitliga-Abstieg immer geträumt. Auch in der nächsten Saison war Holstein lange Zeit nah dran, aber in den entscheidenden Momenten reichte es dann doch nicht. Das Besondere: Meinungsverschiedenheiten mit Kieler Fans wurden damals nicht ausgesessen oder gar unter den Teppich gekehrt, sondern gemeinsam beim Umtrunk in der früheren Stadionkneipe „Bei Heini“ aus der Welt geschafft. Die Fans mochten „Lorko“ und „Lorko“ mochte die Fans. Als es einmal nicht so richtig lief bei den Störchen und ein Journalist Trainer Lorkowski fragte, wie lange er denn wohl noch in Kiel bleiben würde, antwortete „Lorko“ mit einer Gegenfrage: „Meinen Sie heute Nacht?“
Gefeuert und erneut auf der Bank
In seiner dritten Saison im Storchennest kam es dann allerdings zu handfesten Meinungsverschiedenheiten zwischen Trainer und Vorstand, alles wurde öffentlich – auch die ausbleibenden Spielergehälter. Holstein gab die Trennung von Trainer Lorkowski aus wirtschaftlichen Gründen bekannt. Der Geldhahn im Storchennest war versiegt. „Lorko“ kommentierte sein Aus auf seine Art: „Das ist, als wenn man zweieinhalb Jahre nicht gelebt hat!“ Kurios, obwohl die Trennung von Lorkowski bereits feststand, bereitete der Trainer sein Team noch auf das Pokalspiel bei Flensburg 08 vor. „Man hat mich gebeten, dass ich die Mannschaft noch einmal betreue und das tue ich auch gern“, so der geschasste Trainer.
Comeback in Kiel
Zehn Jahre später erinnerte man sich in Kiel an Michael Lorkowski, der zwischenzeitlich Hannover 96 zum DFB-Pokalsieg (1992) und den VfB Lübeck (1995) in die 2. Bundesliga geführt hatte. Die vier Regionalligen sollten 2000 zu zwei Staffeln (Regionalliga Nord und Süd) zusammengefasst werden. Mit „Lorko“ wollte man dieses Ziel erreichen. Aufruhr dann kurz vor dem Saisonstart. „Lorko in Seenot“, titelte die BILD-Zeitung damals, denn Kiels neuer Trainer war im Mittelmeer mit seinem Segelboot „Blaubart“ in Not geraten. Pünktlich zum Trainingsauftakt der Störche stand Lorkowski dann aber doch auf dem Rasenplatz des Marinestützpunktes Kiel-Wik. Mit dabei auch die beiden Neuzugänge Dirk Bremser und Daniel Jurgeleit. Am Ende der Saison fehlten Holstein nur wenige Punkte. Und Lorkowski verabschiedete sich zum Zweitliga-Aufsteiger VfL Osnabrück. Eine überaus erfolgreiche Trainerkarriere ging ihrem Ende zu.
70. Geburtstag
Im kommenden Jahr feiert Michael Lorkowski seinen 70. Geburtstag. Noch immer hilft er auf St. Pauli bei Jugendprojekten mit und genießt seinen Ruhestand auf einem Bauernhof in Stubben bei Lübeck. Ab und zu trifft man ihn auch noch auf den Fußballplätzen des Landes. Als er in den 80er und 90er Jahren in Kiel und auf St. Pauli an der Seitenlinie stand, hätte sich Michael Lorkowski wohl nur in seinen kühnsten Träumen vorstellen können, dass „seine“ beiden Mannschaften irgendwann einmal in der Bundesliga aufeinander treffen würden. Lorkowskis Verbindungen nach Kiel sind niemals ganz abgebrochen. Eines ist sicher, einen wie „Lorko“ wird es vermutlich nie wieder geben…