Women-Cheftrainer Marcello Semonella: „Wir sind zu einer Einheit geworden“

Am vergangenen Wochenende stand für unsere Holstein Women das letzte Spiel der Frauen-Regionalligasaison 2023/2024 an. Mit einem 1:1-Unentschieden gegen den Hamburger SV II verabschiedeten sich die Kielerinnen in die Sommerpause. Dank einer erfolgreichen Aufholjagd in der Rückserie steht fest, dass es für die Women auch in der kommenden Spielzeit in der Regionalliga weitergeht. Wir haben mit Women-Cheftrainer Marcello Semonella über den Kampf um den Klassenerhalt gesprochen und dabei auch nachgefragt, was die Mannschaft nach der Winterpause so stark gemacht  und welche persönliche Entwicklung er in den letzten Monaten genommen hat.

Moin Marcello, nachdem ihr die Winterpause auf einem direkten Abstiegsplatz verbringen musstet, gelang dank einer extrem starken Rückrunde noch der Klassenerhalt und am Ende der achte Tabellenplatz. Es war eine Saison mit zwei Gesichtern, oder?

Ja, das würde ich schon so sagen. In der Anfangszeit, als ich übernommen habe, haben wir uns noch in vielen Spielen schwergetan. Das wurde Stück für Stück besser, sodass wir nach der Winterpause auf dem Platz harmoniert haben und uns von einer anderen Seite zeigen konnten.

Beginnen wir von vorne: Du hast die Mannschaft nach dem siebten Spieltag übernommen. Damals gab es erst einen Sieg zu verbuchen, dementsprechend sollte schnellstmöglich die Wende her. Wo hast Du als erstes angesetzt?

Es war klar, dass wir vorne zu wenig Tore schießen und hinten zu viele bekommen. Da galt es, im Training schnellstmöglich Stabilität in die Defensive zu bekommen und gleichzeitig offensive Abläufe zu stärken. Das waren meine ersten Ansatzpunkte. Abgesehen vom Fußballerischen war für mich am wichtigsten, dass ich die Mannschaft kennenlerne und mir einen Eindruck von den Strukturen innerhalb des Teams verschaffe.  

Bei deinem Debüt als Chefcoach musstet ihr eine 0:6-Niederlage gegen das Topteam Hannover 96 hinnehmen. Hast Du zu diesem Zeitpunkt daran geglaubt, dass der Klassenerhalt gelingen kann?

Das war natürlich brutal, aber ich wusste ja vorher schon, dass es keine leichte Aufgabe wird. Ich wollte mich dieser Herausforderung bewusst annehmen. Mir tat zum Beispiel die 0:3-Niederlage gegen Jesteburg vor der Winterpause deutlich mehr weh als das Spiel gegen Hannover 96. Da hätte man nicht verlieren müssen und auch nicht dürfen. Insgesamt habe ich aber auch in diesen schwierigen Momenten daran geglaubt, dass wir den Klassenerhalt schaffen.

Dementsprechend war die Wintervorbereitung enorm wichtig für alle. Worauf kam es in diesen Monaten besonders an?

Dass die Neuzugänge vernünftig integriert werden, war die erste Priorität. Ich bin die Vorbereitung mit dem Ziel angegangen, ein Team zu bilden. Aber dass wir so eng zusammenwachsen, habe ich am Anfang der Winterpause noch nicht gedacht. Wir sind zu einer richtigen Einheit geworden in diesen Monaten. Man hat dann auch auf dem Platz gesehen, dass alle füreinander gekämpft haben. Das hat mich in den letzten Wochen sehr stolz gemacht, weil es nicht selbstverständlich ist.

Du hast die Neuzugänge eben angesprochen. Mit gleich sechs neuen Spielerinnen wurde im Winter für ordentlich Verstärkung gesorgt. War das in deinen Augen auch ein entscheidender Faktor für den Erfolg in der Rückrunde?

Auf jeden Fall. Ich hatte das Gefühl, dass der Mannschaft neben den spielerischen Baustellen vor allem der Konkurrenzkampf gefehlt hat. Deswegen war es mir besonders wichtig, dass wir im Winter einige neue Spielerinnen dazu bekommen. Ich musste dabei sowohl die charakterliche Komponente als auch die spielerische berücksichtigen. Das war sicherlich nicht ganz einfach, aber die Räder haben gut ineinandergegriffen. Dementsprechend war dieser personelle Zuwachs schon sehr wichtig.

Zum Auftakt in die Rückserie konnte ihr mit dem 7:0-Sieg gegen Eintracht Braunschweig direkt ein Ausrufezeichen setzen. Wie wichtig war das in dieser Phase?

Es ist natürlich super, wenn man mit einem Sieg startet. Wenn der dann noch so deutlich ausfällt, ist es umso schöner. Für mich persönlich war es schön zu sehen, welche Entwicklung in diesem Spiel schon erkennbar war. Da war die erste Anspannung der Vorbereitungszeit zumindest teilweise verflogen, weil man gesehen hat, dass das, was wir uns erarbeitet haben, funktioniert.

Welche spielerischen Entwicklungen hat die Mannschaft in der Rückrunde so stark gemacht?

Wir haben es geschafft, die Spiele durch unsere offensiven Abläufe zu bestimmen und dabei gleichzeitig in der Verteidigung stabil zu stehen. Es hat sich zu einer unserer größten Stärken entwickelt, dass wir nach Rückschlägen immer wieder zurückgekommen sind und mit viel Kampfgeist auf dem Platz standen. 

Für Dich war es die erste Station als Cheftrainer einer Frauenmannschaft in der Regionalliga Nord. Was hast Du aus dieser Zeit schon jetzt mitgenommen?

Egal, ob im Nachwuchs-, Herren- oder Frauenbereich finde ich es als Trainer wichtig, eine gute Distanz zur Mannschaft zu finden – nicht zu nah dran, aber auch nicht zu weit weg. Die letzten Monate haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, auch auf die Probleme der Einzelnen einzugehen. Zum Beispiel haben in der letzten Saisonphase viele Spielerinnen ihr Abitur geschrieben, hatten Prüfungen in der Uni oder waren beruflich sehr eingespannt. Dann muss ich als Trainer feinfühlig genug sein, um richtig darauf einzugehen. Da muss man das Training auch manchmal anpassen. Diese Flexibilität hatte ich vor einem Jahr noch nicht. Hier habe ich mich auf jeden Fall weiterentwickelt.

Blicken wir nach vorne: Wie ist nun der weitere Fahrplan für den Sommer?

Wir haben jetzt noch drei Wochen Training und machen vielleicht noch einen gemeinsamen Abend zum Abschluss auf der Kieler Woche. Danach ist erstmal Pause, bis wir am 21. Juli wieder mit der Vorbereitung starten. Dann steht das erste Testspiel gegen den Hamburger SV am 19. Juli auf dem Programm und wir werden außerdem nach Berlin zum Vorbereitungsstart der Frauen von Hertha BSC reisen, um dort am 28. Juli ein Vorbereitungsspiel zu absolvieren.

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